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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Weltmeisterschaft der Starrflügler 2002 in Chelan/Washington

Die Anreise

Mit einer ganzen Starrflügel Mannschaft samt Fluggeräten den Kontinent zu verlassen um eine WM zu bestreiten ist ein logistisch anspruchsvolles Projekt.

Die Aktion begann bereits Wochen vor der Anreise der Piloten. Ulf hatte eine Spedition ausfindig gemacht, die den Hin- und Rücktransport der 6m langen Geräte zu einem annehmbaren Preis versprach. Ralf organisierte 6 Transportkisten von Felix Rühle für je 2 Geräte, welche per LKW zum Sammelpunkt Baumschule Gerhard Ludwig nach Großkarolinenfeld geschafft wurden.

An einem Wochenende wurde Dort die Verpackungsorgie von 12 Geräten zusammen mit unseren Österreichischen Kameraden gefeiert. In die Kisten wurden nicht nur die Rigids, sondern auch haufenweise Klamotten, Ladegeräte, Ersatzteile und sogar Teile der Campingausrüstung des A-Teams gestopft.

Ulf und Toni die den Transport zum Münchener Flughafen begleiteten standen die Haare zu Berge, als der Spediteur angesichts der Monster Kisten seine Kalkulation nochmals überprüfte und trotz Sonderpreis auf einen ca. 300% höheren Betrag kam.

Es gelang ihnen eine Spedition zu finden, die den alten Preis halten konnte, allerdings nur einfach, ohne Rücktransport.

So kam es daß unsere Kisten erst mal bis Seattle kamen, dort lagerten und auf die Abholung des Inhaltes warteten. Der Rücktransport sollte nach der WM vor Ort organisiert werden, was auch wunderbar gelang.

 

Das Gelände

Chelan liegt zentral im US Bundesstaat Washington, an der östlichen Grenze der Cascade Mountains. Die Autofahrt vom SeaTac Airport in Seattle dauert ca. 31/2 Stunden.

Der Ort selbst ist übersichtlich, von der Größe her überschaubar und bietet alles Nötige, an Infrastruktur. Besonders Angenehm ist der in den Ort reichende 80 km lange Badesee, dessen Temperatur erfrischend und das Wasser sauber ist. Schön wären Segelboote auf dem See die als Windanzeiger dienen könnten. Da in Amerika aber alles mit Motor betrieben wird waren diese nicht vorhanden.

Eine relativ schnelle Auffahrt auf den 1130m hohen Startberg, der als Butte bezeichnet wird, ist über eine anfangs noch geteerte Dirt Road möglich, die direkt aus dem Ort nach oben führt. Der Columbia River, der in großem Bogen um Chelan und Butte führt, liegt nochmal etwa 200m tiefer als die City in einem entsprechend großen Canyon.

Wer die Querung des Canyon nach dem Start vom Butte nicht schafft oder gleich absäuft, hat die Möglichkeit direkt am Fluß auf dem flauschig grünen Rasen des Soccerfields zu landen.

Der Flugplatz von Chelan liegt auf einem Plateau etwas nördlich vom Ort in gleicher Höhe.

Eine Landung sowohl am Soccerfield, als auch am Airport machen eine Rückholung per Kfz notwendig.

Einmal am Butte aufgedreht quert man den Canyon und findet sich in einer ganz anderen Welt wieder. Flachlandfliegen vom Feinsten liegt an. Die Andere Seite des Canyon liegt auf etwa 900m NN und ist etwa 10km entfernt. Kurz nach der Kante laufen dazu parallel riesige Überlandleitungen, über denen nach dem Seitenwechsel Thermikanschluß gesucht wird.

Mit ein wenig Höhe hat man gute Karten einen Bart zu erwischen, der höher reicht als zuvor am Butte. Die Flats bestehen aus Getreidefeldern mit zum Teil reifen Feldern oder frisch bearbeiteten braunen dirt fields. Diese sind für uns Flieger besonders interessant, da sie die Nahrung, nämlich den feinen Staub für die Dusties liefern.

An leicht hügeligen Stellen trifft man auf naturbelassene Flächen mit den für Nordamerika üblichen Sage Brush Büschen. Weiter im Osten zieht sich ein weiterer Canyon von Nord nach

Süd, welcher durch einen Staudamm mit dem Coulee Lake gefüllt ist. Um diesen Canyon und über den naturbelassenen Flächen ist es beruhigend ein paar Meter extra zu haben, nicht nur weil das Landen dort etwas tricky sein könnte, sondern auch weil eine Rückholung per Fahrzeug praktisch ausgeschlossen ist.

Ansonsten sind Außenlandungen überall problemlos durchführbar. Wichtig ist genügend Wasser im Gepäck zu haben denn Schatten ist Mangelware ganz im Gegensatz zu heißer, trockener Luft.

 

Das Training

Gudie war die erste der Germans, die sich in Lake Chelan Wochen vor der WM einrichtete. Kurt flog auch bereits ende Juni nach San Francisco und arbeitete sich mit einem Wohnmobil über verschiedene Nationalparks nach Norden, um am Independence day, dem 4. Juli Teamleader Rudl, Teamdoctor Ecki und Teamorganizer Margit vom SeaTac Airport nach Chelan zu bringen.

Spät nachts angekommen wurde die von den Damen bezogenen Quartiere besichtigt und das deutsche Headquarter genau in Ortsmitte und am Lake bezogen.

Corinna´s Organisation ist es zu verdanken, daß die Geräte der Damen zu diesem Zeitpunkt schon vor Ort waren und am nächsten Tag geflogen werden konnten.

Die Rigids warteten in ihren Kisten in Seattle auf das roof rack diverser Leihwagen und die Anreise der Piloten.

Am nächsten Tag gab´s gleich morgens für alle eine von Gudi geführte guided tour mit Kurt´s Wohnmobil durch den Ort zum Bombout, dem Soccerfield und Chelan Airport. Hinterher waren alle motiviert bei schönem Wetter. Die erst Auffahrt stand an. Leitern waren zu diesem Zeitpunkt Mangelware, weshalb Ecki´s Trage, die ja sowieso auf dem Berg sein sollte, zur Drachenunterlage auf den Dachgepäckträger mußte.

Auf dem Butte angekommen fielen die im Boden verankerten Stahlseile auf, an denen die Piloten ihre aufgebauten Fluggeräte verankern konnten damit sie den zu erwartenden Dusties besser trotzen können.

Die vier zur Verfügung stehenden Startplätze tragen alle einen klingenden Namen.

Ants in the pants, between the rocks, green monster und lake side lassen Starts bei allen Windrichtungen zu. Meist sind aber lokale Ablösungen für die Windverhältnisse am jeweiligen Start ausschlaggebend.

Die flughungrigen Damen sind bei guten Startverhältnissen am lake side schnell in der Luft. Der Rest des anwesenden Teams sieht ihnen wehleidig nach. Ecki übernimmt die Rückholung vom Soccerfield an dem alle Pilotinnen landen wollen.

In Ermangelung eines fußstartfähigen Fluggerätes nehmen Kurt Rudl und Margit das Angebot eines PPL Piloten an und fliegen eine Stunde mit einer Cessna 174 von Chelan Airport aus über das Wettbewerbsgelände.

Über den Flats werden Sie vom ortskundigen Piloten auf markante Punkte, und Wenden hingewiesen. So machen sie zum ersten mal Bekanntschaft mit wichtigen Orten wie Mansfield, Sims Corner oder Farmer. Von oben fällt sofort auf, daß die Ebene für die die Landkarte des chamber of commerce genau zwei Highways aufweist, von einer Vielzahl schnurgerader Straßen durchzogen ist. Im ein Meilen Abstand verlaufen diese teils versiegelten Feldwege genau in Nord-Süd und in Ost West Richtung. Schachbrettartig präsentieren sich die hellen und dunklen Felder aus der Höhe. Funksprüche wie Turm(drachen)von A1 nach A5 oder weißer ESC von C1 nach H6-Schach gehen einem durch den Kopf.

Rudl, stundenlange Rückholaktionen vor seinem geistigen Auge, ist so fasziniert von der hochauflösenden Landkarte die der Pilot im Cockpit hat, daß er ihm diese im Anschluß an die Landung sofort für Bares abkauft.

Am Soccerfield schweben derweil alle gestarteten Mädels über dem saftig dicken Rasen ein, legen zu Ecki´s Freude butterweiche Landungen hin und erzählen von schönen Flügen.

Am Abend treffen Gerhard und Ulf mit ihrem 4x4, vollbepackt mit Drachen und Gepäck am Headquarter ein.

Tags darauf sind auch deutsche Rigids am Himmel über Chelan. Diesmal hat auch Ecki seinen Schirm ausgerollt, mit dem er die Lange Querung über den Columbia versucht. Teamleader Rudl geht mit Leihgerät von Sybille in die Luft, wobei er allen zeigt, daß nicht unbedingt zwei Turbinen im Heck für weite Flüge notwendig sind.

Zusammen mit Kurt im ESC holt er sich den Wendepunkt Sims Corner im Osten, muß aber bei starkem Gegenwind auf dem Heimweg im Acker außenlanden.

Ein weiterer Trainingstag bringt alle beteiligten Piloten weit übers Flachland. Langsam werden alle "familliar" mit der Gegend.

Am letzten Tag vor dem Wettbewerb findet die opening ceremony, der Einmarsch der Nationen statt. Von der fire station geht die Parade durch den Ort an einen Pavillon am See. Das deutsche Team besticht durch ein gemeinsame gesungenes "Von den blauen Bergen kommen wir". Die anwesende Miss Washington besinnt sich ihrer deutschen Wurzeln und stimmt kräftig mit ein. Vor allem der Refrain mit dem Yipee ya ya ..... kommt den Amis bekannt vor, was viele zum Mitsingen animiert.

Margit, die den Starren als Rückholerin zugeteilt ist erhält eine Schnelleinweisung von Ecki und Kurt über GPS und Navigation.

So sehen alle mit großen Erwartungen dem morgigen ersten Wettkampftag entgegen.

 

Die Starren im Wettkampf

Das Feld der Starrflügler war bisher in keinem Wettbewerb so groß wie auf dieser WM. Die großen Pulks über dem Butte oder am Rande des 12km großen Startzylinders waren sehr beeindruckend. Das Feld teilte sich zwar in die FAI Klasse II und V auf, in der Luft waren aber nur die 6 teilnehmenden Swifts von den anderen Geräten optisch zu unterscheiden.

Für Deutschland waren 9 Starre am Start. Marcus, Ralf, Bernd, Dieter und ich waren im Team der Nationalmannschaft der Klasse V gemeldet. Olli entschied sich kurz vor Wettbewerbsbeginn ebenfalls für die Klasse V. Ulf, Gerhard und Josef nahmen die Herausforderung der Swifts an und stellten sich der Klasse II. Diese rege deutsche Teilnahme an der Klasse II ließ die Teilnehmerzahl auf insgesamt 10 Piloten ansteigen woraufhin ein offizieller Weltmeister ermittelt werden konnte.

Die Klasse V zählte 41 Piloten. Damit waren 51 Rigids am Start.

Am Vorabend des ersten Wettbewerbstages erlebten wir ein Gewitter das ein wenig Abkühlung und Regen in das überhitzte Land brachte. Am nächsten Morgen tröpfelt es immer noch leicht aus der geschlossenen Wolkendecke, was uns Europäer nicht so recht an Fliegen denken läßt. Bei der Auffahrt versprüht Rudl frisch aus dem Headquarter kommend Optimismus. Mit der Deutschlandhymne in voller Lautstärke im Ohr stürmen wir auf den Berg. Die Insassen der anderen Fahrzeuge haben per Funk Anteil am akustischen Höhenflug.

Über den Flats sieht man schon blauen Himmel. Die Wolken ziehen sich in die Cascades zurück. Jedem Team ist ein täglich wechselnder Aufbauplatz zugeteilt.

Allerdings dürfen die Reißverschlüsse erst auf Kommando von Dan, dem Wettbewerbsleiter geöffnet werden. Neugierig beäugt man gegenseitig die Geräte. Die Swifts bekommen hier ein ganz besonderes Maß an Auferksamkeit.

Die Aufgabe des heutigen Tages ist für beide Klassen gleich. Ein Dreieck über 96,2Km mit Ziel in Mansfield wird über das Teamleaderbriefing an Rudl, von ihm aus letztendlich an die Piloten ausgegeben.

Der Wind kommt klar vom See her, was den Startplatz Lake Side zum primary launch macht. Von 14.00 - 15.00 stehen viertelstündlich 5 Startzeiten zur Verfügung. Das Feld bricht nicht gerade in Panik aus, als das Startfenster öffnet, da auf den Flats nur wenige Dusties sichtbar sind. Als sich endlich Manfred Ruhmer mit dem Swift fertig macht bildet sich eine kleine Menschenansammlung am Start. Alle wollten Mandi´s ersten Fußstart mit dem ungewohnten Gerät sehen. Der Start gelingt ausgezeichnet. Manfred dreht auf. Als ich seine ersten Kreise im Westen auf Horizonthöhe beobachte, fällt mir auf das daß Gewitter in den Cascades wieder an Stärke gewinnt und anfängt hohe Bewölkung in unsere Richtung zu senden. Schnell hechte ich ins Gurtzeug und finde mich in einer Warteschlange mit gleichgesinnten Piloten am primary launch wieder. Links daneben wird an einem alternativ launch flüssig gestartet. Plötzlich direkt vor Moni und 3 Piloten vor mir produziert ein La Mouette Rigid einen Fehlstart. Nichts passiert, aber Verzögerung am Start. Endlich komme ich in die Luft, kann aber nur auf 1700m aufdrehen, bevor der Butte in die Abschattung des Gewitters kommt. Mit Bernd 50m höher und Marcus 100m höher gehen wir die Querung an. Mit dem letzten Hemd komme ich drüben die power lines, spüre ein wenig Geblubber, muß aber direkt dahinter landen. Bernd und Marcus machen daraus mit etwas mehr Höhe einen Nuller und driften dahin. Wenige Kilometer später muß auch Bernd aufgeben. Nur Marcus kommt weg und setzt seinen Flug bis kurz vors Goal fort. Auch Ralf und Olli stehen kurz vor dem Ziel. Dieter muß sich genau wie ich mit Mindestpunkten zufrieden geben. Christian legt sich schon am ersten Tag mit einem souveränen Sieg ein gutes Polster an. Mit 1h22min fliegt er im Schnitt fast 70 Sachen schnell.

Selbst drei der Swifts kommen nicht weit. Manfred gewinnt überlegen mit 75km/h Schnittgeschwindigkeit.

Am zweiten Tag fegt der WSW Wind über die Flats. Die Wettbewerbsleitung schickt uns mit Rückenwind darüber hinweg. Als Höhepunkt wurde ein "Dogleg" ausgeheckt der etwa 30km gegen den Wind ins Goal Coulee City führt.

Bei den vielen Außenlandungen am Vortag konnten wir ergründen, weshalb trotz guter Thermik so wenig Dusties zu sehen waren. Der gestrige Gewitterregen führte dazu, daß die oberste Schicht des "fine dust" etwas verkrustete. Dadurch konnten nur die stärkste Bärte Material aufnehmen und sichtbar werden.

Der Wind am zweiten Tag trocknete die Oberfläche aus und stellte die gewohnten Verhältnisse wieder her. Vom Butte aus konnten erneut mehr Dusties ausgemacht werden. Gestartet wurde von allen möglichen Startplätzen aus. Je nach Thermik waren sie alle in begrenzten Zeiträumen "on".

Die Thermik am Butte reichte höher, die Querung entpuppte sich als leichte Übung. Mit Rückenwind ging´s schnell über Land. Nur vor dem Sprung über den Banks Lake war etwas extra Höhe zur sicheren Querung angesagt. Die meisten Piloten erreichten den Wendepunkt. Danach aber trennte sich die Spreu vom Weizen. Jetzt zeigten sich eindeutig die Vorteile der schnellen Swift´s

Nur einer von ihnen kam etwas zu kurz, alle anderen standen im Ziel. In der Klasse V führte Alexander Ploner beeindruckend vor warum er amtierender Weltmeister war. Er segelte als einziger über die Linie woraufhin er einen klassischen 1000er einsackte.

Am Morgen des dritten Tages ließ eine Meldung im Lokalradio aufhorchen, die im späteren Verlauf des Wettbewerbes für uns wichtig werden sollte: Auf der Nordseite des Sees, etwa 20 Meilen entfernt war am Abend des Vortages ein Campfire außer Kontrolle geraten. Es hat sich zu einem Buschfeuer ausgeweitet, das sich entlang der Hänge weiterfraß.

Gespannt blickten wir vom Butte aus auf die mächtige Rauchsäule, die sich bisher gebildet hatte.

Zunächst war es nur eine Imposante Kulisse, die den Wettbewerb nicht beeinflußte.

Die Tasksetter entschlossen sich heute zum ersten mal, den beiden Klassen unterschiedliche Aufgaben zu geben. Klasse II wurde auf ein 126km Klasse V auf ein 112km Dreieck mit Ziel in Chelan Airport geschickt. Die erste Wende war eine auf der Karte eingezeichnete "Ortschaft" namens Farmer. Sie liegt an einer T-Kreuzung zweier Highways und besteht aus zwei Getreidesilos ohne irgend ein Haus daneben. Vom Startzylinder fliege ich mit maximaler Höhe, was an diesem Tag beachtliche 2900m waren, mit einem ganzen Pulk in Richtung erste Wende. Plötzlich nehme ich aus dem Augenwinkel weit über mir ein Objekt wahr. Oft schon habe ich den zunehmenden Mond auf die Schnelle mit einem hoch fliegenden Drachen verwechselt. Diesmal sehe ich genauer hin und stelle fest, daß da oben tatsächlich einer fliegt. Es ist der Spezialist für starke Bärte, Günther Tschurnig, der als einziger Pilot einen Hammer gefunden hat der die Inversion durchstieß und ihn auf 3300m brachte.

Ohne einen Kreis nimmt er die erste Wende. Wir Tiefflieger behalten ihn im Auge und versuchen dranzubleiben. Klasse II fliegt eine Wende mehr, um sich bei Sims Corner wieder mit der FAI V zu treffen. Dieser kleine Umweg führt dazu, daß es eine zweite Möglichkeit gibt mit den Swifts zusammen zu fliegen. Einen Bart weiter ging´s dann schon darum die Endanflughöhe zum Flugplatz

herauszukurbeln. Bei diesem Endanflug mußte aber zuerst die Kante des Plateaus geknackt werden die etwas höher lag als der Gleitweg zum Airport. Dieses Problem führte bei mir bereits im Training zu einer Außenlandung und war bei den Damen schon 1994 aufgefallen. Mit genügend Sicherheitshöhe ging ich zum Endanflug über. Unter mir beobachtete ich Piloten, die eine zu forsch eingeschlagene Gangart immer mehr korrigierten und sich gehörig einbremsten um überhaupt anzukommen. 35 Klasse V Piloten und 5 Swifts kommen heute an. Ein wahres Eldorado am Landeplatz. 7 von uns deutschen Piloten gelingt es zum ersten Mal die Ziellinie zu überfliegen.Der schöne Rasen zum Abbauen, Schatten und Getränke haben wohl unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Piloten ausgeübt.

Am darauffolgenden Morgen komme ich mir vor wie bei einem Pfadfinder Trip neben einem ausgetretenen Lagerfeuer bei bedecktem Himmel. Lagerfeuer war allerdings keines in der Nähe. Der Himmel war auch nicht bedeckt, sondern die Rauchschwaden des auf 150acre angewachsenen Buschfeuers wurden genau über den Ort geblasen. Der Gestank auch.

Dieser Tag sollte die Größte Aufgabe für Klasse II u. V bringen. 164 km über drei Wenden sind zu bewältigen. Über die Flats bläst heute ein unangenehmer Südwest. Am Start merkt man zunächst nichts davon. Auch auf großer Höhe am Startgate wirkt der Wind nicht besonders dramatisch.

Die erste Wende ist eine Kreuzung am Südende des Banks Lake welche mit Seitenwind angeflogen werden muß. Marcus und Ralf gelingt es, die Wende im ersten Anlauf zu nehmen, um danach mit Rückenwind richtung Norden weiterzubügeln. Dieter und ich scheitern knapp und spielen Jojo gegen den starken Wind. Dieter verliert nach einer Weile die Geduld und geht landen. Er freut sich schon über prominente Gesellschaft als Marcus, der die Wende tief genommen hatte über seinem Landeplatz auftaucht. In unglaublichen 30m müllert Marcus mit seinem Axxess aber wieder auf und läßt Dieter alleine. Über eine Stunde benötige ich um die 11 Km die ich im ersten Bart abgetrieben wurde wieder aufzuholen. Der Tag läuft davon die Aufgabe wird größer und größer. Es scheint der Tag der Rückholmannschaft zu sein. Rudl, Ecki , Margit und die weiteren deutschen Helfer leisten ganze Arbeit. Überall verstreut im Gelände stehen ihre Piloten. Bernd muß sich an der 2. Wende geschlagen geben. Marcus zwischen 2. und 3. Wende. Josef und ich mühen uns 5 Stunden ab, was uns im final glide zumindest um die letzte Wende bringt. Kaum stehen wir im gleichen Acker ist auch schon Ecki und Margit da. Ralf kommt am Weitesten. Er muß vor dem Rand des Canyons runter der wie gestern den Gleitpfad zum Chelan Airport stört. Heute kommen nur zwei Rigids der Klasse V und zwei Swifts ins Ziel. Posch / Truttmann und Ruhmer / Hamilton zeigen wie's geht. Später höre ich, daß vor der Ankunft des ersten Piloten ein Löschhubschrauber am Airport nachtanken mußte. Um ein Haar hätte dieser die Endanflüge gehörig aufgemischt. Für die Helicopter wurde Chelan Airport zur Basis. Deshalb durfte dort kein Goal mehr eingerichtet werden.

Die Piloten, die am fünften Tag als erste auf den Butte kamen staunten nicht schlecht als sie am Aufbauplatz einen komplett montierten, ordnungsgemäß festgezurrten Swift vorfanden.

Es ist Manfreds. Er flog gestern über die Ziellinie, zog hoch, drehte wieder auf um ein wenig über den Cascades spazieren zu fliegen. Danach landete er am Aufbauplatz, was ihm einmal Ab-und Aufbauen ersparte. Heute nahm ich mir einen frühen Start vor. Ich kam als letzter im open Window vor dem priority launch der ladies vom Green Monster raus. Ein zweites Feuer, das in der Nähe des Buttes durch einen Autounfall ausgelöst wurde sorgte später für das totale Chaos am Startplatz.

Aus Sorge um Leib und Leben ordneten die Behörden die Evakuierung des Buttes innerhalb 15 min an. Da keiner so schnell abbauen und runterfahren kann stürzten sich die Piloten nach allen Seiten vom Berg. Ulf rannte wie ein Hase um sein Leben um die Mindestfahrt bei 0 Wind und flachem Start für seinen Atos zu erreichen. Alle kamen gut weg, drehten im Rauch auf und flohen dann über den Canyon. Drüben ging heute richtig die Post ab. Im Bart vor dem Startgate waren Spitzensteigwerte zu erzielen. Ralfs Instrument notierte einen Lift mit 15,7m/s.Unser vorher schon erwähnter Spezialist Günther nagelt voll durch die Mitte, was seinen Atos C überlastete. Dieser Brach in zwei Teile, woraufhin Günther seinen Retter auslöste. Entsetzt stellte er fest daß er weiter stieg, während ihm alle möglichen Wrackteile im die Ohren sausten. Über naturbelassenem Gelände voll mit größeren Gesteinsbrocken geht er endlich nieder. Nur seinem Schutzengel ist es zu verdanken, daß an der Aufschlagstelle seines Kopfes der Erdhaufen eines Fuchsloches dem mit einer Eierschale bedeckten Haupt ein sanftes Bett bereitet. Die ganze Bodenmannschaft sucht nach dem abgestürzten Piloten, dessen Identität zunächst unklar ist. Währenddessen entfernt sich Günther gelassen in Richtung Chelan. Die Strecke führt über die gleiche erste Wende als gestern nur mit weniger Wind. Danach geht es weiter Richtung Osten zur zweiten Wende. Der letzte Schenkel geht wieder etwas zurück gegen den schwachen Wind. An der letzten Wende komme ich mit Karie Castle zusammen. Es macht Spaß ihren perfekten Flugstil zu studieren. Sie will Natalya nicht entwischen lassen, entscheidet sich für eine andere Route und kommt 10 min nach mir als einzige Frau ins Ziel.

Marcus, Olli und Dieter schaffen die 135 km ebenfalls. Ralf kommt später nach. Allerdings zu Fuß weil ihm ein paar Höhenmeter fehlten. Bernd hat seinen Flügel an der 1. Wende so in die Botanik gesetzt, daß Ecki das Betriebshandbuch seines 4X4 bezüglich Allrad, Vorgelege und Sperre intensiv studieren muß um wenigstens in die Nähe zu kommen. Gerhard Josef und Ulf hatten in der Klasse II eine 20km weitere Strecke und keine Chance. Zwei der Swifts sieht man nur im Goal.

Der sechste Tag bringt ein Race das seines Gleichen sucht. Über drei Wenden geht´s nach Waterville Airport. Der letzte Schenkel gegen den Wind ist der Knackpunkt. Er führt entlang der Powerlines über denen man nach der Querung immer beständig Thermik findet. Im sicheren Glauben gute Bedingungen vorzufinden verheize ich meine gute Höhe vor der letzten Wende. Zusammen mit Manfred Trimmel folgt ein zähes Grundeln das wir beide erfolglos abbrechen müssen. Nicht weit von mir gelingt es Gerhard in den windigen Flats auf einem Quadratmeter mit Rückenwind zu landen. Er bricht sich dabei je eine Rippe am Atos und an sich selbst. Gerhard muß sich von nun an schonen. Für ihn sollte es der letzte Flug auf dieser WM gewesen sein. David Chaumet kann diese Bedingungen mit seinem La Mouette am besten umsetzen. Er gewinnt den Tag vor Bruce Barmakin.

Seine 49,9 km/h Schnitt stehen 72,24 km/h vom schnellsten Swift Piloten gegenüber.

An den beiden letzten Tagen wird eine Wiese mit 1,5m hohen Grasbüscheln nahe Mansfield als Goal ausgewählt. Die Strecken führen jeweils über zwei Wenden dorthin. Am 7. Tag geht's über 145 km zuerst weit nach Süden über eine Stadt namens Soap Lake. Der Kurs führt über imposante Canyonlandschaften. Bernd Josef und ich fliegen weite Strecken zusammen. Beim Zurückqueren über einen Canyon an der ersten Wende fliegt Josef etwas tiefer mutig mit. Auf der anderen Seite kopiert er die Erdoberfläche bis hin zu einer Farm mit schattenspenden Baum. Bernd und ich müssen Josef dort zurücklassen und jagen einen Dustie nach dem Anderen. Beim knapp 30 km Zielanflug geht's voll durch den Rauch des inzwischen auf 3800 acre angewachsenen Buschfeuers. Fast keine Sonneneinstrahlung läßt nur wenig Thermik vermuten. Mitten im Rauch zieht aber ein 5m Teil durch und bringt mich etwas hinter dem Spitzenpulk in komfortable Höhen. Die Massenlandungen im hohen Gras sind speziell bei den Swifts interessant anzusehen. Christian, Alex und Steve Elkins lösen die Aufgabe heute am Besten. Erneut liegt der Schnitt bei den Swifts über 70, bei den control bar rigids sind es 57,5 km/h. 35 Piloten kommen an was zur guten Stimmung im Goal beiträgt. Gerhard hatte Zeit zum shoppen, daher ist plötzlich übermäßig viel Landebier vorhanden.

Zum Finale besteht die Aufgabe aus bereits gut bekannten Teilstücken die zum Schnellfliegen einladen. Gerade am Schluß sollten viele Piloten im Ziel stehen. Die Tasksetter beschränken sich auf 97.4 km für beide Klassen. Auf Strecke fällt immer wieder der gut sichtbare grüne ESC des Amerikanischen USHGA Präsidenten Jim Zeiset auf. Er reißt als alter Hase mit seiner "Air Force 1" immer wieder die besten Bärte auf. Folglich markiert er oft die Spitze großer Pulks. Alle gestarteten Klasse II Geräte kommen an. Robin Hamilton mit 77,8 km/h. Nur zwei der Klasse V Piloten müssen sich heute mit dem Auto ins Goal fahren lassen. Christian Ciech wird zwar nur 10. hat aber genügend Vorsprung vor Alex Ploner und David Chaumet um sich den Weltmeistertitel zu sichern. Herzlichen Glückwunsch. Bei seiner letzten Landung verletzt er sich Christian unglücklicherweise am Bein. Gut für ihn, daß heute Schluß ist. Zur Siegerehrung muß Christian Ciech mit Schiene aufs Treppchen.

In der Klasse II gewinnt Manfred Ruhmer vor Robin Hamilton und Brian Porter.

Die Siegerehrung gleicht einem Trauerspiel. Im Pavillon werden die Namen der 10 Besten der jeweiligen Klassen lapidar abgelesen. Am meisten erschrickt Gerhard der für seinen 10 Platz in Klasse II nach vorne muß damit er sein Championship Diploma entgegennehmen kann. Aus einem billigen Kassettenrecorder erklingt die deutsche Nationalhymne für unser Damen Team. Das A-Team singt sie für Manfreds Solotitel lieber selber. Gleich im Anschluß an die Siegerehrung wird der Pavillon umgebaut. Es erscheinen ein paar Kammermusiker und spielen schräge Melodien wie auf der sinkenden Titanic. Am Schönsten bleiben also die Erinnerungen an dieses wunderschöne Fluggebiet mit dem Erlebten während der vorangegangenen zwei Wochen. Ich wünsche mir daß möglichst viele von euch Lesern einmal Gelegenheit haben selbst Airtime in Chelan zu sameln. Durch den Wettbewerbssport werden neue Gelände ergründet und bekannt gemacht.

 

Die Dusties

Eine Spezialität des Fluggebietes in Chelan sind die zahlreichen Dust Devils, die den feinen puderartigen Staub, der das Land bedeckt aufnehmen und somit sichtbar werden.

Ersten Kontakt mit Dusties bekommt man bereits auf dem Butte, dem Startberg oberhalb Chelan.

Zum Einen sind sie manchmal störend beim Aufbauen des Gerätes, zum Anderen zeigen sie auf der anderen Seite des Columbia River, also auf den Flats die Thermik an und lassen eine Einschätzung des Tages zu.

Aus der Luft sind Dusties dieser Größe trotz ähnlicher Färbung des Hintergrundes leicht zu erkennen. Daher sind sie als Thermikanzeiger für Streckenpiloten sehr aussagekräftig und beliebt. Es lohnt sich also Dusties dauernd zu beobachten. Nicht nur die Windhosen auf Kurs sind interessant, sondern auch die, die in anderen Geländeteilen auftreten lohnt es zu beobachten. Dem aufmerksamen Piloten entgeht nicht, daß sie sich immer an den gleichen Stellen auf den optisch gleichförmigen braunen Feldern entwickeln, was für andere Tasks an späteren Tagen wichtig werden kann.

Da die Lebensdauer der Dusties nicht übermäßig lang ist, lohnt es sich oft Felder anzufliegen, die in der Vergangenheit auslösten um darauf zu spekulieren, daß bei Ankunft wieder thermische Aktivitäten anzutreffen sind.

Die Größe und Form der Staubsäulen variiert in weiten Bereichen. Am Startplatz gab es Windhosen mit ca. 1m Durchmesser und etwa 100m Höhe. In den Flats erreichten sie 1000m Höhe und nahmen es im Durchmesser locker mit den Kühltürmen eines AKW auf.

Interessant ist, daß die Drehrichtung der Säulen nicht einheitlich ist. Scheinbar spielt die Cureoles Kraft nicht die entscheidende Rolle bei deren Entstehung auf ebenem Grund.

Am Besten geht man die Bärte in entgegengesetzter Drehrichtung des Dusties an.

Viel lernen konnte man auch über den Windversatz der Bärte an Tagen mit stärkerem Wind.

Während die Staubfahnen hinter den Farm Trucks vom Wind nahezu waagerecht verblasen wurden, standen daneben Monumentale Saugrüssel fast senkrecht und wanderten insgesamt mit Windgeschwindigkeit übers Gelände.

Vielen Dank für euer aller Unterstützung.

Kurt Schumann